Mach mal Urlaub.

 

Gar nicht so leicht in Corona-Zeiten wie diesen. Das auswärtige Amt für internationale Reiseangelegenheiten spricht für alle nicht notwendigen Reisen ins Ausland eine Reisewarnung aus. Im Original-Wortlaut heißt es: „Vor nicht notwendigen, touristischen Reisen in das Ausland wird derzeit gewarnt, da weiterhin mit starken drastischen Einschränkungen im internationalen Luft- und Reiseverkehr, weltweiten Einreisebeschränkungen, Quarantänemaßnahmen und der Einschränkung des öffentlichen Lebens in vielen Ländern zu rechnen ist.“

 

Soll das bitte heißen, dass unser heiß begehrter, dringend notwendiger und bereits fest gebuchter Sommer-Urlaub ins Viruswasser fällt? Platsch. Eimer-Saufen auf Malle. Bärenjagd in kanadischen Wäldern. Rum-Testing auf Jamaika. Hängematten-Style-Selfies auf Gran Canaria, Steinbockreiten in den Alpen, Hering-Wett-Essen auf Usedom. Das alles soll ausfallen wie eine italienische Beatmungsmaschine? Das geht ja mal gar nicht. Ich trinke seit Silvester nur noch aus Putz-Eimern, um dann in der Schinkenstrasse den Bier-König herauszufordern. Die kanadischen Ranger lassen ihre Grizzlys nur noch über heiße Herdplatten zum Futtertrog laufen, damit Teddy der Tanzbär von Joachim Llambi eine Top-Bewertung bekommt. Die jamaikanischen Barkeeper befinden sich seit Wochen im Höhentrainingslager, um unsere Nachfrage an der Theke bedienen zu können. Ya man! Der Selfie-Stick befindet sich im Gran Canaria-Köfferchen, die Steinböcke in den Alpen haben bereits den Wildwest-Sattel aufgeschnallt und Usedom soll eine neue Zufahrtsbrücke bekommen. Nichts soll uns im Urlaub aufhalten. Denkste. Das alles soll umsonst gewesen sein? Wie bitte? Nur weil der kleine Covid nicht rechtzeitig von seinen Eltern vom chinesischen Smartphone-Plagiate- und Knusper-Wildtierstand abgeholt wurde, verheult er uns jetzt den ganzen Sommer-Urlaub 2020?

 

Auf gar keinen Fall. Da müssen schnell Alternativen gefunden werden. Mein Reisebüro unterliegt allerdings der Kontaktsperre. Und am Telefon verstehe ich die nuschelnde Reiseverkehrskauffrau nicht wirklich. Die Kombination aus ausgeprägtem Sigmatismus alá Katja Burkhard und einem viel zu engen Mund-/Nasen-Schutz lässt mich verzweifeln. Ich lege auf. Der Chat-Bot auf der Reiseveranstalter TUI-Website fragt mich zum dritten Mal, wie alt meine mitreisenden Kinder sind und ob Oma auch wirklich mitkommen darf. Die Lufthansa-Piloten sitzen beim Büchsenbier mit den Stewardessen und spielen „Wahrheit oder Pflicht“. Der Flughafen erinnert nur noch an eine Einkaufspassage aus den 70er Jahren. Sehr ernüchternd. Aber ich gebe nicht auf und finde sehr schnell neue Urlaubsdomizile, die derzeit noch nicht von der Reisewarnung betroffen sind. Vielleicht machen wir dieses Jahr sogar eine Sommer-Urlaubs-Rundreise. Klingt spannend. Kommt mal mit.

 

Wir starten auf „Terrasien“. Terrasien wird vom auswärtigen Amt derzeit noch als unbedenklich eingestuft. Es klingt vielversprechend. Die Sonnenliege "Eldorado" wurde bereits aufgebaut und scheint auch um 08:00 Uhr morgens noch nicht vom Handtuch eines krebsroten, sonnenverbrannten Briten reserviert. Die einheimischen, alkoholischen Getränke kenne ich und man spricht Vorort sogar unsere Sprache. Ein Traum. Die gefährlichsten Tiere sind zwei niedliche Hauskatzen namens „Krümel“ und „Mimilu“. Aha. Da kommt dann wahrscheinlich auch die Nähe zum asiatischen Nachtleben her. In der thailändischen Bankok-Bar in der Khao San Road gab es auch mal eine Mimi-Lu im Black-Cat-Dress. Aber das ist eine andere Geschichte. Wem Terrasien aufgrund der Wuhan-Nähe zu gefährlich ist, kann auch in den „Balkongo“ fliegen. Auch sehr schön. Aber eher etwas für Bergsteiger, da der Balkongo doch etwas höher liegt und mit sauerstoffärmerer Gebirgsluft gerechnet werden muss. Dicht besiedelt, aber dafür eine einmalige Aussicht über ganz Terrasien. Zwischen Terrasien und dem Balkongo liegt „Gardinien“. Wer eine Abneigung gegen diese ganzen sommerlichen Facetten, wie zum Beispiel Sonnencreme, After-Sun, Sunblocker hat und sowieso durch die Sonnenbrille schlecht sieht, dem empfehle ich einen Trip nach Gardinien. Dort ist es nämlich von den Lichtverhältnissen ein bißchen dunkler. Es scheint so, als hätte jemand einen Vorhang vor die Sonne gezogen. Eher etwas für die Sommer-Vampire unter euch. Wer mehr ins Landesinnere möchte, der kommt am länglichen „Flurenz“ nicht vorbei. Oft eher spartanisch eingerichtet. Freisprechanlage, Schuhputzmaschine und Garderobenablagen gehören zur Standard-Ausstattung. In Flurenz bleiben die Gäste oft auch nicht so lange. Eignet sich eher für eine Durchreise direkt nach „Sofambik“. Sofambik ist sehr groß. Viele Reiseregionen Sofambiks präsentieren sich mit individueller Vielfalt. Im Hinterland liegt „Schlafsofambik“. Sehr ruhig, fast schläfrig. Am Rande Sofambiks befindet sich rechtwinklig die Region „Ecksofambik“„Multifunktionssofambik“ ist hingegen sehr wandelbar und zeigt unterschiedliche Facetten. Ein echte Empfehlung für Gruppenreisen in 2- und 3-Sitzer-Gruppen inkl. Übernachtungen. Ganz in der Nähe liegt auch der Zwei-Länder-Staat „Kochlumbien und Speisekammerun“. Ein mitunter sehr heißes, feuriges Urlaubsgebiet. Oft ist Kochlumbien/Speisekammerun der Party-Geheimtip, wo sich die Szene-Insider mit den Einheimischen vermischen. Sofambik und Kochlumbien sind auf jeden Fall gemütliche Urlaubs-Domizile, die zum längeren Verbleiben einladen. Im Gegensatz zu „Kloatien und Kloronto“. Kloatien und Kloronto sind Last-Minute-Reisen wert. Es muss schnell gehen. Man ist allein unterwegs und mächtig unter Druck. Dann empfehle ich Kloatien oder Kloronto. Für Frauen gibt es manchmal Paarreise-Angebote. Männer reisen hingegen immer allein. Kloatien ist wie auch Kloronto ein sehr kleines Urlaubsland – aber in der Hauptstadt „Bangladusche“ gibt es wenigstens fließend warmes Wasser. Bangladusche zeichnet sich ganzjährig durch ein warm-feuchtes, tropenartiges Klima aus. Die Temperaturen liegen konstant über 28 Grad Celsius. Für FKK-Freunde ein Geheimtip. Mein nächster Tip ist eine Entspannungsreise. Es geht nach „Grobettanien“. Grobettanien zeigt sich gern auch von zwei Seiten. Meistens ist es ein Ort der Ruhe, des Mondes und der absoluten Entspannung. Man begibt sich an einen Ort der Stille und schließt die Augen in vollkommener Isolation. Und am nächsten Abend zeigt sich Grobettanien vom genauen Gegenteil. Wild, lebendig, heiß, voller Energie, Leidenschaft und Zweisamkeit. Dann geht es richtig ab. Ihr wißt, was ich meine. Knick-Knack. Welches Grobettanien ihr erleben werdet, liegt an euch selbst. Oft folgt die ruhige Seite direkt auf die wilde Seite Grobettaniens. Aber bitte nicht zu früh die Seite wechseln. Der Reiseveranstalter haftet nicht bei einer „zu frühen“ Abreise.

 

Die meisten Urlauber wollen im Urlaubsland abschalten, Kraft sammeln und Neues erleben. Manche hingegen können oder wollen eben genau nicht vom Alltag Abstand nehmen. Diesen Menschen empfehle ich einen Trip nach „Büroslawien“. Ein Land voller Routine, Hektik und Streß. Mehr kann ich euch zu Büroslawien leider nicht sagen. Da war ich nämlich noch nie.

 

Das Gute an allen genannten Urlaubsreisen ist, dass sie als Pauschalreisen gebucht und miteinander verbunden werden können. Anreisezeiten sind sehr kurz, man fühlt sich überall sehr schnell zuhause und vieles ist sehr kurzfristig und problemlos stornierbar. Vielleicht ist ja etwas für Euch dabei. Wenn nicht, dann bleibt doch einfach zu Hause und renoviert die Bude auf links, grabt den Garten zum fünften Mal um oder macht einfach weiter Home-Office. Ich entscheide mich für Reiselust, statt Reisefrust. Also, bleibt gesund und genießt bewußt mal den schönsten Ort der Welt: Home, sweet home.

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© Olli Dahlke - Botschafter des Humors