Volle Dosis.

 

Endlich ist die bundesweite Covid-19-Impf-Priorisierung aufgehoben. Sehr gut. Wirklich? Naja, das heißt jetzt, dass jeder der mindestens 16 Jahre alt und festen Impf-Willens ist, sich impfen zu lassen, auch ein staatliches Impf-Angebot erhält. Wo, wie, was, wann geimpft wird, steht allerdings in den Zufalls-Sternen der Spahn´schen Impfgötter. Ich habe gelesen, dass es jetzt neben den bereits bekannten Impf-Mitteln Moderna, BionTech/Pfizer, AstraZeneca etc. immer weitere Mittel geben soll. Zum Beispiel freue ich mich ja sehr über die Vakzine aus dem fernöstlichen Land des grausamen Lächelns. Das Mittel wurde von Sinopharm gemeinsam mit dem Wuhan Institute of Biological Products entwickelt und bereits an 120 Ratten aus dem China-Restaurant ShiShanShaolin erfolgreich getestet. Und das im Jahr des fleißigen Büffels. Das bringt doch ganz sicher Glück. Sehr vielversprechend klingt auch das neue Impfmittel aus dem Balkan mit dem Namen „slijepa“. Frei übersetzt soll es wohl „macht blind“ heißen. Wir werden sehen – oder eben auch nicht. Ich habe mich jedenfalls auf die gängige Variante von BionTech/Pfizer entschieden und versuche nun einen Impf-Termin zu bekommen. Hausarzt, Impf-Zentrum, Betriebs-Arzt, Notarzt? Mir eigentlich egal. Da sich allerdings niemand von diesen Ärzten bei mir zurückgemeldet hat, schreibe ich noch die drogensüchtigen 15jährigen vom Bahnhof Zoo, einen tanzenden Heil-Schamanen aus Jakutien sowie Dr. Prof. Brinkmann der Schwarzwaldklinik an. Und siehe da, als ich in fortgeschrittenen Gesprächen mit Jakutien war, bekomme ich einen Termin im naheliegenden Impf-Zentrum in Berlin-Schönefeld. Dank der Digitalisierung in Deutschland folge ich den Anweisungen per Smartphone-Terminbuchungs-App. Dieser endet natürlich mit einer satten Fehlermeldung „040 - ERROR – Kann Mauszeiger nicht finden“. Ach Leute, und das am Smartphone. Neuer Versuch, neues Pech. Keine freien Termine mehr. Ich probiere es später. Und später. Und später. Und siehe da, zack, nach 24 Versuchen, der Termin steht. Am 07. Juni um 10:55 Uhr habe ich einen offiziellen Termin zur Erst-Impfung gegen den ganzen Corona-Wahnsinn. Und dann 6 Wochen später den Termin zur Zweit-Impfung. Spontan hole ich eine Flasche Champagner aus dem Kühlschrank und knalle eine satte Konfetti-Kanone in den Raum. Glücklich warte ich auf den 07. Juni.

 

07.06.2021 – ein Datum wie ein Fels. Mein Erst-Impfungstermin steht an. Pünktlich eine halbe Stunde vor dem Termin stehe ich verunsichert vor der Eingangstür. Ich -Trottel- habe in der Aufregung alle geforderten Impfunterlagen (Personalausweis, Impfbuch, Registrierungs-QR-Code, Bibel, Grundgesetz, zwei rohe Zwiebeln, Hühnerknochen und Schnüffel-Klebstoff) zuhause vergessen. Schnell zurück. Mit 120 km/h komme ich ungebremst zum zweiten Mal auf dem Parkplatz des Impfzentrums an. Die Schranke hält mich nicht auf. Bäämm – ich bin da.

 

Gleich am Eingang werde ich auf das Thema Händedesinfektion hingewiesen. Ohne Widerstand gebe ich nach und desinfiziere mich in Rage. An der zweiten Station passiert dann etwas Überraschendes. Man begrüßt mich zwar freundlich, aber mir wird eine Waffe an die Stirn gehalten. Blitzschnell schlage ich meinem Gegenüber die Waffe aus der Hand und zwinge ihn in den Schwitzkasten. „Was soll das? Was willst Du?“ schreie ich ihn provozierend an und drücke immer fester zu. Der Junge bekommt schon seit 30 Sekunden keine Luft mehr. Als ich mit dem Fuß versuche die Waffe außer Reichweite zu schieben bemerke ich, dass es gar keine Pistole ist, sondern ein medizinisches Fiebermessgerät für die Stirn. Oh, ich entschuldige mich und gehe flink zur Position 3 – die Registrierung. Stolz und selbstsicher hole ich alle Unterlagen raus. Alles dabei. Der richtige Mann am richtigen Ort zur richtigen Zeit. Ich bekomme einen Wartestuhl an Position A2 zugewiesen. Dann schaue ich mich um und stelle fest, dass ich heute nicht als Einziger geimpft werden soll. Um mich herum sitzen vornehmlich Senioren/Seniorinnen und warten ebenso auf einen freien Slot in der Impfbox. Für den Nahkampf ausgebildete Soldaten sorgen mit Respekt für Ruhe und Ordnung. Mit vorgehaltenem Maschinengewehr zwingt Hauptfeldwebel Schneiderlein Oma Irmi zur Ruhe und wieder zurück auf ihren Platz Nr. 4b. Sie ist noch nicht dran. Sie möchte sich bitte mit Händen hinter dem Kopf wieder hinsetzen und keinen Ärger machen oder eine Impf-Revolte anzetteln. Ja ja, impfen ist eben kein Kindergeburtstag. Das gilt auch für Oma Irmi. Ein weiterer Zeitsoldat ruft die impfstoffbringende Zahlen-Kombination. Jetzt bitte A1 in Box B2. Dann folgt B1 in G3 und C2 in A4. Ich komme mir vor wie beim Bingo in der Senioren-Residenz Lavendel/Sonnenschein. Dann werde ich aufgerufen. A2 in A1. Ich rufe laut „Bingo“, springe auf wie der Springfeder-Clown aus der Überraschungsbüchse und der Soldat winkt mir anerkennend zu. Gewonnen. Ich gehe selbstsicher zum Impf-Engel in Box A2. Dann geht´s ganz schnell. Es pikst kurz, die Nadel bricht ab und der Doktor flucht. Noch ein Versuch. Es pikst ein zweites Mal, der Doktor freut sich und fertig. Dann die übliche Frage: „Haben Sie noch Fragen an den Arzt?“ Ich räuspere mich kurz und nutze die Chance. „Oh ja, es wäre schön, wenn der Doktor noch einen Moment Zeit hätte. Ich habe nämlich seit ein paar Tagen im Rücken so ein Stechen und im Schambereich so ein Jucken. Außerdem brennen meine Augen immer beim Stuhlgang und wenn ich mir die Ohren zuhalte, höre ich die Stimmen meiner verstorbenen Verwandten auf mongolisch und außerdem …“. Dann werde ich von drei Soldaten abrupt unterbrochen und gefesselt in den Wartebereich geschleppt. Hier darf ich nun 15 Minuten warten. Die letzte Station meines Impf-Ablaufplanes ist der Check-Out. Wenn man nach 15 Minuten noch eigenständig auf dem Stuhl sitzen kann, darf man gehen. Ich bedanke mich beim Oberleutnant für die Organisation und frage direkt nach der Zweit-Impfung, die es ja bekanntlich 6 Stunden nach der Erst-Impfung geben. Soll ich hier warten oder nochmal wiederkommen? Ich bekomme zwar keine Antwort aber einen Freiflug durch die drei bereits bekannten, starken Soldaten bis auf den Parkplatz.

 

Zuhause angekommen erzähle ich meinen Töchtern von dem harten Kampf gegen das fiese Covid-Monster, was den Impf-Stoff geklaut hat. Es hatte sieben Köpfe, 21 Arme mit 21 Spritzen und keinen einzigen FFP2-Mund-Nasen-Schutz auf. Unverantwortlich in der heutigen Zeit. Und jetzt bin ich mutiger Ritter erstgeimpft und in 6 Wochen dann hoffentlich restgeimpft. Ein kleiner Piks für mich, aber ein großer Mehrwert für die Menschheit. #fightcovid.

Druckversion | Sitemap
© Olli Dahlke - Botschafter des Humors